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auf alle Fälle Texte

Giraffen

Fünf Gedichte von Margret Kreidl

Giraffen summen in der Nacht.

Evidenz passiert, alles klar. Auch

du schreibst einen Kommentar.

In Windeseile steigt die Viruslast.

Corona zwingt Bond in die Knie.

Handschuhe gehen weg wie nie. Alle

tragen Mundschutz, du machst den Hals lang.


Glück, das heißt, du wirst

eine Lücke finden,

die dich fest umschließt,

in der du endlich allein bist,

Chef, der sich selbst genügt im

Homeoffice und der Liveticker tickt,

tickt, tickt, während das Gras sprießt.


Gehäuse, ausgepolstert, abgeschlossen.

Es bleibt nichts anderes übrig.

Die Frau ist sich selbst überlassen.

Ihre Dinge heißen Tisch und Bett und

Couch und Teppich. Aufgehoben im Dunklen

hört sie die Rosen wachsen auf den

Tapeten: Rosen, Trost der Wiederholung.


Gespinst, von Gespenstern zurückgelassen,

ein Gewebe, das das Flüstern aufnimmt,

das Rauschen der Bäume im Haus.

Ich liege im Bett und höre den

Cistensänger, seine Stimme im Holz,

hoch, scharf und kratzend. Ein Befehl:

Tanz in der Kiste, sing: cis cis cis!


Geiztriebe beschatten die Trauben. Gestern ist

ein Autoscheinwerfer vom Mond gefallen.

Das Fragment ist der leuchtende Kern, um den

ich kreise. Der Wein redet viel gutes Latein.

carpe diem steht auf dem Bildschirmschoner,

hör auf zu schreiben, heute hast du frei, um

traurig zu sein, das Weinen wird sich lohnen.

Margret Kreidl, Wien


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