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auf alle Fälle Texte

Es ist so einfach, Kater, die Pfoten liegen

Drei Gedichte von Hans Eichhorn

WAS GÄBE ES ZU BERICHTEN VOM BEIGEN

Kunstlederstoffbezug aus? Noch nie tanzten
die Finger einen flinkeren Walzer rückwärts,
noch nie hatten die geräucherten Reinanken
einen saftigeren Glanz! Die Volksschulleiter-

stelle ist ausgeschrieben, die Kürbiscremesuppe
wird bis auf den letzten Rest ausgelöffelt, der
Angriff auf die Clonekrieger ist die gelungene
Abwechslung. Bald ist Neumond, bald ist

Winterbeginn, bald ist das Laub verfault.
Verlier dich, so viel du magst, in deine Bauch-
krämpfe und in die Börsenberichte im Teletext.
Ringsum ruhet das Dorf, still ist die erleuchtete

Mansarde. Die ausgespuckten Orangenkerne
gruppieren sich um den Kachelofen. Jeder
Einzelne birgt eine Geschichte. Schlag nur zu
und lies es mir von den Lippen ab.


ES IST SO EINFACH, KATER, DIE PFOTEN LIEGEN

verschränkt unter dem Kopf, der langsam
einsetzende auf das Dachfenster prasselnde
Regen ist das Leben im Überfluss, der Wind
gräbt tiefe Wellen ins Seewasser, vom

Bildschirm her treffen dich die Glanzleinen-
farben der Kataloge, pausenlos füttern sie
dich mit Sternenstaub, du nimmst den
Kochlöffel und paddelst weit aufs Meer

hinaus, nämlich in die trüben Weiten des
hängenden und dösenden Kopfes. Gewürze
stehen bereit, Frischfleisch wurde eingekauft,
die tadellosen kleinen Geldbörsen sind Erinnerungen

an die Zeit selbstbestimmter Auftritte. Es ist so
einfach, Kater, diese Einbildungen sind hinter uns
und vor uns der Sprung durch die Lichtmauer:
dein himmlisches Schnurren!


Dunkle Materie, dunkle Energie, niemals

Dunkle Materie, dunkle Energie, niemals
gehe ich weg von diesem Kachelofen. Zwischen
den technischen Begriffen der Blick ins Weltall,

was siehst du? Buchstaben, Zahlen, Koalabären,
die verbrennen oder Autobomben, die an stark
frequentierten Plätzen gezündet werden. Das

herumspritzende Fleisch und Blut schleift dich
an den Ohren durch das wohlbehütete Haus.
Das hast du dir schön ausgedacht, das ist doch

tänzerischer Tingeltangel am Vulkankraterrand.
Bis dir die Wörter ausgehen und die Leere
Einzug hält. Endlich wirkt das Opiat.


Hier lesen Sie einen Text von Erwin Einzinger über die letzten Gedichte von Hans Eichhorn.


© Cover: Peter Brauneis

Diese Gedichte von Hans Eichhorn sind Teil der Serie Bis zum Morgengrauen und in der aktuellen Ausgabe von SALZ Zeitschrift für Literatur erschienen. Alle Informationen zum Heft Nahaufnahmen 26 | Rauriser Literaturpreise 2020 finden Sie hier.


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